Ford Focus RS: Himmel, Arsch und Zwirn!
Wer nicht auffallen will, sollte den Ford Focus RS meiden wie der Teufel das Weihwasser. Wer allerdings über eine leicht exhibitionistische Ader verfügt, der wird am derzeit wohl heißesten Kompakt-Racer unter der Sonne eine wahre Freude haben. Das garantieren 305 PS, ausgeklügelte Renntechnik und ein sehr moderater Preis.
Le Mans Grün nennt sich diese schreiende Farbe des Hatchback-Hottie Focus RS. 39.000 Euro kostet der 305 PS starke Kompakte. Was man dafür außer Poweroverkill noch bekommt? Exzessiven Fahrspaß!
Verzeihen Sie bitte den Kraftausdruck im Titel zu dieser Story: Aber genau das ist das, was unsereins als erstes entglitt, als sich der neue Ford Focus RS in unsere Netzhaut einbrannte. Die Farbe Le Mans Grün ist ätzender als ein Salzsäurebad, der monströse Heckspoiler verpasst regelrecht einen "Tschuk" auf´s Aug´und das heisere Krakelen des wachgerüttelten 2,5-l-Fünfzylinder-Turbo-Monsters versetzt einen dumpfen Schlag in die Magengrube. Oh, süßer Schmerz! So manch einer hat in Anbetracht dieses Brutalinskis schon seine masochistische Ader entdeckt - uns jedenfalls erging es so.
It´s a man´s thing
Eine Fahrt im RS durchs großstädtische Gewühl ist so etwas wie eine geschlechtsspezifische Sozialstudie. Männer bekommen angesichts des Incredible Hulk auf Niederquerschnittsreifen diesen dümmlich, geifernden Gesichtsausdruck, der ihre besseren Hälften in der Regel zu rasenden Eifersuchtsszenen animiert. Frauen reagieren auf den anlassigen Hottie pikiert wie auf männermordende Sirenen. Kalt lässt der Heißsporn jedenfalls niemanden.
Zwickt´s mi...
Ein Anflug von Ernüchterung macht sich beim Anblick des Cockpits breit. Abgesehen von der Zahl 280 am Tacho, der aufgesetzten Lade- und Öldruckanzeige über der Mittelkonsole und der gelochten Alupedalerie unterscheidet sich der RS nur marginal vom Allerwelts-Focus. Das eindringlichste Diversifizierungsmerkmal ist allerdings das Schraubstock-ähnliche Sitzgefühl: Die Hardcore-Recaros zwicken ordentlich in den Hüftspeck. Dass das kein Fehler ist, zeigt sich spätestens bei der ersten ausgelassenen Kurvenhatz.
Gut gerüstet
Die ersten Annäherungsversuchen an den physikalischen Grenzbereich sind von äußerster Vorsicht geprägt. Die Kombination von 305 PS und Frontantrieb klingt erstmal nicht sonderlich vertrauenserweckend. Wie ein Heck- oder Allradler mit einem derartigen Kraftkonvolut umgeht, ist gelernt. Was aber passiert, wenn ab 6.500 Touren die rohe Gewalt von 224 Kilowatt in vollem Umfang an der Vorderachse reissen? Die Antwort: erstaunlich wenig. Freilich, die Nebenniere beginnt ob des gewaltigen Schubs (5,9 s von 0 auf 100 und 440 Newtonmeter Drehmoment) ad hoc mit der Ausschüttung großer Mengen Adrenalins, allerdings tangiert die antreibende Vorderachse diese Urgewalt herzlich wenig. Nur sehr verhalten werden Störkräfte auf die Lenkung übertragen. Freilich, diese gänzlich zu eliminieren ist bei diesem Kraftkonvolut ein Ding der Unmöglichkeit, aber die Sache derart in den Griff zu bekommen ringt jede Menge Respekt ab.
Ohne Rauch geht´s auch
Auch die galvanisierten 19-Zöller gehen nicht gleich in Rauch auf, wenn das Gaspedal über Gebühr penetriert wird: Ist´s trocken, gibt eher der Asphalt nach als der Gummi, so gripintensiv gibt sich der RS. Das ist nicht der Effekt einer übervorsichtigen, lusttötenden elektronischen Schlupfregelung, sondern eines Differentials mit 35 Prozent Sperrwirkung an der Vorderachse. In ziviler Umgebung bewegt, erstaunt der RS durch sein angenehmes Handling. Das Fahrwerk ist zwar straff, allerdings sind Wirbelbrüche auch bei größeren und flotter überfahrenen Bodenschwellen kein allzu großes Risiko.
Fast ein Schnäppchen für das Gebotene
Der Preis von 39.000 Euro für den Ford Focus RS ist in Anbetracht der schieren Performance und der technologischen Perfektion eine Sensation. Nicht einmal der Spritkonsum des manierlichen Raubauken kann als Minuspunkt herangezogen werden: 11,5 Liter im Schnitt sind kein Hauseck. Was mich nun vom sofortigen Kauf abhält? Vermutlich meine Frau. . .
Ford Focus RS
Entweder man liebt ihn, oder man hasst ...
Seitenschweller und Fronspoiler kommen ...
Hier das Corpus delicti in Nahaufnahme.
DruckenSenden19.10.2009 von Christian Zacharnik