Renault Twizy: Ist das noch ein Auto?
Renault reduziert beim Twizy auf das Notwendigste: Das erste preisgünstige Elektroauto ist so kurz wie ein Motorroller und verzichtet sogar auf Türen. Vor dem Serienstart im März 2012 konnte autonet.at bereits die Prototypen testen.
Der Prptotyp ist noch eine graue Maus, aber ab März 2012 wird der Renault Twizy für ordentliche Farbkleckse im Straßenbild sorgen.
Wie kein anderer Hersteller forciert Renault den Elektroantrieb. Vier Modelle gehen im nächsten Jahr in Serie, darunter auch ein spektakuläres Experiment: Der Twizy mischt Motorroller und Auto zu einem neuen Konzept für den Stadtverkehr. Was wie Sciene Fiction aussieht, ist serienreif und wird ab März 2012 auch in Österreich angeboten.
Parkplatz-König
Beim Downsizing von Stadtautos galt der Smart bisher als Maß aller Dinge, der Twizy nimmt nun nicht einmal die Hälfte seiner Verkehrsfläche ein. Mit 2,32 Metern ist er deutlich kürzer und überragt selbst einen Motorroller nur knapp in der Länge. Vor allem ist der Twizy mit 1,19 Metern viel schmäler als alle Autos. Das garantiert heroische Siege im Parkplatzkampf, ganz besonders wenn Querparken erlaubt ist (wie in vielen europäischen Ländern, aber derzeit noch nicht in Österreich).
Roller auf vier Rädern
Von den gängigen Vorstellungen eines Autos muss man sich aber verabschieden: Der Twizy übernimmt die schmale Silhouette vom Motorrad, die zwei Passagiere finden hintereinander Platz. Die Sitzposition und die Gurte kommen wiederum vom Auto. Ein hochfester Stahlrahmen gibt dem Twizy Struktur und schützt beim Aufprall die Passagiere. Zudem hat der Twizy natürlich vier Räder, ein Lenkrad und normale Fußpedale. Aber keine Türen: Der Fahrtwind strömt hinein und fungiert als natürliche Klimatisierung.
Keine Spur von langweilig
Reinsetzen, anschnallen, Handbremse lösen und starten – das funktioniert wie bei einem normalem Auto. Den Wahlhebel für die Automatik ersetzt ein simpler D-Knopf. Was folgt, ist eine feine Überraschung: Der Twizy bietet ganz viel Fahrspaß. Wie ein Go-Kart schmeißt man ihn in die Kurven und bleibt voll am Gas. Nach zwei flotten Runden am Handlingparcours will man einfach nicht aufhören. Das sportliche Geheimnis: Der Twizy ist mit 450 Kilo ein Fliegengewicht, gleichzeitig liegt der Schwerpunkt extrem tief, weil alle Batterien unter dem Fahrer im Fahrzeugboden untergebracht sind.
Wo ein Wille, da ein Weg
Minimaler Wendekreis und geniales Handling, im Stau kann man allerdings nicht wie die Motorroller an den Autos vorbeifahren. Renault behauptet dennoch, dass der Twizy bei Tests im Pariser Stadtverkehr auf einer 30-Minuten-Strecke ganze sieben Minuten schneller als ein normaler Kleinwagen gewesen ist. Ausführliche Tests werden mehr Aufschlüsse geben.
Mutige dürfen auch auf die Autobahn
Beim Ampelstart liegt man jedenfalls ganz vorne, weil das Drehmoment wie bei allen Elektromotoren sofort voll verfügbar ist. Nach weniger als 6,5 Sekunden sind 50 Km/h erreicht, bald darauf die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h. Damit kann man im Stadtverkehr wunderbar mithalten, theoretisch darf man sogar auf die Autobahn.
Zwei Varianten mit 20 oder 5 PS
Die offizielle Reichweite von 100 Kilometern im städtischen Zyklus setzt wie üblich schonende Fahrweise voraus, aber auch wenn man sich mehr Fahrspaß gönnt, sollte der Tagesbedarf für Städter gedeckt sein. Ein voller Ladezyklus dauert an der normalen Steckdose dreieinhalb Stunden. Neben der normalen Version mit 20 PS starkem Elektroantrieb gibt es übrigens auch einen Twizy 45 mit 5 PS und Begrenzung auf 45 km/h. Diese Variante darf man auch ohne Auto-Führerschein und bereits ab 15 Jahren fahren.
Sonniges Gemüt
Und der Komfort? Zunächst nicht schlecht, die Sitze sind angenehm breit und geben Seitenhalt. Vorne sitzt man bequem. Der Rücksitz bietet genug Platz für Erwachsene, empfiehlt sich aber eher für kürzere Strecken. Weil es keine echten Türen gibt, ist der Fahrtwind natürlich ein ständiger Begleiter im Twizy. Frontscheibe, Dach und Windabweiser reduzieren ihn spürbar, aber so windig wie in einem Cabrio ist es allemal. Das hat viel Charme bei schönem Wetter, sonst muss man schon ein wenig abgehärtet sein. Das gilt für Regen ebenfalls – auch wenn der Twizy gewissen Schutz bietet, darf man nicht aus Zucker sein. Das Gewitter wird man sowieso bei einem Cafe abwarten müssen. Kurzum: Ganz ohne die Lockerheit der Zweirad-Fahrer wird es nicht funktionieren.
Türen im Lambo-Style
Seitliche Verkleidungen, die bis zum Oberkörper reichen und beim Öffnen wie Flügeltüren nach oben aufschwingen, gibt es optional: Die Halbtüren schätzen vor allem Damen, die mit kurzem Kleid fahren oder ihre Handtasche abstellen wollen. Apropos Stauraum: Vorne gibt es Ablagefächer und hinter dem Rücksitz Platz für eine Tasche oder den Laptop – beides verschließbar. Wer mehr Platz braucht, kann die Sitzschale des Rücksitzes umdrehen und dort auch Dinge einsperren. Zusätzlich kann man einen Rucksack verzurren, den muss man aber mitnehmen, wenn man den Twizy geparkt hat. Renault entwickelt allerdings bereits eine vollkommen verschließbare Seitenverkleidung, mit der man dem Twizy auch vor Vandalismus schützen kann. Weiteres Zubehör umfasst Winterreifen, Schutzkleidung für die kältesten Tage sowie ein Audiosystem und ein Einparkradar. Mit vielen Beklebungen wird man den Twizy individuell stylen können.
Batterien gibt es im Leasing
Die Preisliste eröffnet der Twizy 45 bei 6990 Euro. Die normale Version inklusive der empfehlenswerten seitlichen Halbtüren soll auf jeden Fall unter 10.000 Euro bleiben. Die Batterien sind da allerdings noch nicht dabei, sie werden bei Renault generell nur im Leasing angeboten: 45 Euro zahlt man pro Monat bei einer Jahresleistung von 7500 Kilometern. Wartung und Versicherung sind dafür sehr günstig – und eine Tankfüllung kostet nur rund 2,50 Euro.
Drucken28.04.2011 von Fabian Steiner