VW Passat Variant 2.0 TDI: Fesch auch noch
Der 7. Passat stemmt sich mit Verve und Erfolg gegen das ihm anhaftende Spießerimage. Mit der neuen Optik rührt der Dauerläufer sogar ein wenig an den emotionalen Empfindungen der Betrachter. Wir sind den feschesten aller bisherigen Passats mit dem 140 PS starken 2.0 TDI, DSG und Top-Ausstattung testgefahren. Vorab-Resumee: Was soll da schon schief gehen?
Das ist wirklich neu: der Passat Nummer 7 ist mit der neuen Optik geeignet, an den Emotionen des Betrachters zu rühren.
Es gibt Dinge, die entbehren jeglichen Zweifels. Eines solcher Dinge ist der VW Passat Variant und zwar in Bezug auf seine praktischen Tugenden. Der Nutzwert des Wolfsburger Dauerläufers ist seit seiner Markteinführung im Jahr 1974 unbestritten. Bereits der erste Passat Kombi wartete mit einem Kofferraumvolumen von 750 bis 1.500 Liter auf, was zu damaliger Zeit ein aufsehenerregendes Gardemaß darstellte. Innert der darauf folgenden sechs Generationen hat der Passat Variant nichts von seinen arbeitsamen Wesenzügen eingebüßt. Selbst in Zeiten, als Kombis von Handwerkervehikel zur Lifestylestaffage mutierten, erlagen die VWler nicht der Versuchung, auch einen auf superlässig zu machen. Die Progression lag vielmehr in dem von Generation zu Generation vorgenommen Upgrade. Und so kommt es, dass der siebte Passat punkto Präsenz unumwunden in eine Reihe mit Nobelkombis a la A6 Avant oder E-Klasse T-Modell gestellt werden kann.
Stolzgeschwellte Brust
Es ist vor allem die durchaus als cool (wer hätte gedacht, dass wir dieses Wort in Zusammenhang mit einem Passat jemals in den Mund nehmen) zu bezeichnende Frontpartie, die den Passat in einem neuen Licht erscheinen lässt. Um die Außenwirkung hat man sich bislang, in einem Passat sitzend, einen Kehricht geschert. Nun ertappt man sich allerdings dabei, die scharfe Schnauze mit einem gewissen Stolz spazieren zu führen. Auch heckwärtig kann dem vormaligen Paradespießer eine wohltemperierte Dynamik nachgesagt werden. Für Noblesse sorgen die in der Ausführung „Highline“ serienmäßigen 17-Zöller namens „Michigan“ und die edle Nuancierung „kaschmirbraun metallic“.
Will höher hinaus
Die im zentralen Blickfeld in der Mittelkonsole platzierte Analoguhr zeugt weiters vom unbedingten Bestreben der Wolfsburger, den Passat um ein, zwei Prozentpunkte Richtung eine Klasse höher zu graduieren. Ansonsten hat sich im Innenraum abgesehen von neuen Griffen und Verkleidungen an den Innenseiten der Türen im Vergleich zum Vorgänger nicht allzu viel getan. Hochwertige Atmosphäre verbreiten konnte auch der 6er-Passat bereits sehr gut und so war diesbezüglich kaum Handlungsbedarf gegeben. Ansonsten (VW-)Business as usual: Jeder Handgriff sitzt, die Bedienung ist selbsterklärend, beziehungsweise mittlerweile fast schon genetisch im Homo automobilensis verankert. Die in der Top-Version Highline serienmäßigen Leder/Alcantara-Sitze sind feinste Ware industriellen Polsterer-Handwerks.
Fauxpas im Laderaum
Der Kofferraum wartet neben viel Platz (603 bis 1.731 Liter) mit einigen praktischen Details, wie etwa die per einfachen Druck in zwei Stufen zurückfahrende Abdeckung, die zahlreichen Haken und Ösen und der zwecks Ladegutfixierung aufstellbare Boden auf. Enttäuschend ist, dass sich die Rücksitzlehnen vom Kofferraum aus zwar entriegeln lassen, aber nicht von selber nach vorne klappen. Das können bereits viele, auch ein oder zwei Klassen unter dem Passat angesiedelte Kombis.
Easy going
Nicht so schnell etwas vorzumachen ist dem Passat wiederum, wenn es um fahrerische Qualitäten geht. Da gibt es nichts, was sich der schnellen und unkomplizierten Inbetriebnahme dieses Fahrzeugs in den Weg stellt. Der 140 PS starke 2-l-Commonrailer sorgt mit dem 6-Gang-DSG für einen ruhigen, harmonischen Kraftfluss. Für schnelle Manöver empfiehlt es sich entweder den Sportmodus einzulegen oder per Schaltpadels am Lenkrad einzugreifen, um die kleine Denkpause zu verkürzen. Das durchaus straff abgestimmte Fahrwerk vermittelt ein hohes Maß an Sicherheit, auch wenn ein Schuss mehr Konzilianz hie und da ganz wünschenswert wäre. Kaum Wünsch offen lässt die vorbildliche Effizienz des mit BlueMotion Technology gepaarten Vierzylinderdiesels: 6,7 Liter waren es im Schnitt, die sich unser Test-Passat in der Stadt genehmigte. Damit liegt der Wert nur 0,4 Liter über der Werksangabe.
Fazit
Erstmals gesellen sich beim Passat Variant zu den praktischen auch ästhetische Werte, was in Zeiten, wo sich Kombis hauptsächlich über die Optik versuchen zu profilieren, kein unwichtiges Argument ist. Der Rest ist erprobte, ausgereifte und über jeden Zweifel erhabene Fahrzeugkost, die auch nach dem siebten Aufguss frisch und raffiniert schmeckt. Dass der Passat keine Mezzie ist, versteht sich von selbst. Allerdings ist der Einstiegspreis des von uns gefahrenen Variant 2.0 TDI DSG Highline von 38.770 Euro für das Gebotene absolut fair kalkuliert.
Drucken04.04.2011 von Christian Zacharnik