Toyota Verso-S: Willkommen in Großklein!
Toyotas Neueinstieg in die Liga der kleinen Vans passiert schon im März. Aber wird der praktische Allrounder an die Erfolge des legendären Yaris Verso anknüpfen können? Die Antwort lesen Sie hier.
Gerade Linien, glatte Flächen: Der Verso-S ist ein Auto, das nicht polarisieren soll. Ein bissl unspektakulär, aber allweil praktisch.
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Mit dem schrullig designten Yaris Verso war Toyota vor etwas mehr als zehn Jahren ein Pionier am Markt. Damals wurde die Gattung der kleinen Vans gerade erfunden und der hoch gewachsene Yaris Verso zum Überraschungserfolg. Trotzdem verschwand der Bestseller im Jahr 2005 von der Bildfläche, und seitdem herrschte bei Toyota Funkstille zum Thema – während die anderen Herstellern munter einen nach den anderen Microvan präsentierten. Mittlerweise sind die praktischen, fünftürigen Raumwunder eine Fixgröße in Österreich: Opel Meriva, Citroën C3 Picasso, Kia Venga, Honda Jazz, Nissan Note, Hyundai ix20, Renault Modus – sie alle setzen auf das gleiche Rezept: viel Raum und hohe Flexibilität auf kleiner Fläche.
Design ohne Risiko
Der neue Verso-S macht da keine Ausnahme. Auch er wird von der bewährten Strategie geleitet, kleidet sich aber in ein vergleichsweise schlichtes Gewand. Sein Design soll nicht polarisieren, sagt Toyota. Und so eckt es tatsächlich nirgendwo an, muss sich aber den Vorwurf fehlenden Esprits gefallen lassen. Wer in letzter Zeit übrigens von einem ziemlich ähnlichen Auto namens Trezia gelesen hat: Toyota-Partner Subaru vermarktet unter jenem Namen einen identischen Ableger des Verso-S. Größenmäßig ordnen sich die Zwillinge am unteren Rand der oben genannten Konkurrenz ein. Während die meisten Microvans deutlich über vier Meter messen, bleibt das 3,99 Meter lange Toyota-Subaru-Modell eine Spur kleiner. Gut für den Stadtverkehr, gut für die Wendigkeit.
Raum zum Leben
Im Innenraum merkt man nichts von dieser Selbstbeschränkung. Man sitzt gemütlich, mit sehr guter Übersicht aus den großen Fensterflächen. Auch hinten lassen sich zwei Erwachsene ohne Verrenkungen unterbringen. Den dritten Sitzplatz im Fond wird man sich hingegen für Kids oder Notfälle aufheben, doch das ist bei der Konkurrenz nicht anders.
Erste Auffälligkeit: Der Instrumententräger wurde überaus erwachsen und unter Beihilfe hochwertiger Materialien gestaltet. Das Ambiente wirkt aufgeräumt und sauber geordnet, die Knöpfe und Schalter wären auch in höheren Klassen nicht Fehl am Platz. Dieser gehobene Anspruch wird nicht von vielen kleinen Vans erfüllt.
Alles hat seinen Preis
Die Kehrseite: Der neue Toyota Verso-S ist kein Sonderangebot. Der Einstiegspreis für den bekannten 1,33-l-Benziner mit 99 PS liegt bei 14.943 Euro. In dieser Basisversion „Life“ sind allerdings weder die Klimaanlage noch das Soundsystem enthalten, mithin ist dieser Preis eher theoretischer Natur. Will man eine zeitgemäße Ausstattung, dann übergeht man besser die Version „Young“ und greift gleich zur Top-Variante „Active“. Dort zahlt man für Klima, Sound, Lederlenkrad, verstellbaren Kofferraumboden und einiges mehr jedoch bereits 17.463 Euro. Einen nahezu prohibitiven Aufpreis kalkuliert Toyota auch für den Dieselmotor, der mit 90 PS zwar etwas weniger Leistung, aber deutlich mehr Drehmoment als der Benziner bietet. Bei unseren Testfahrten konnte der Diesel insgesamt die überzeugenderen Argumente vorbringen, mit besonders harmonischer Abstimmung und sehr guter Geräuschdämmung. Der Benziner wirkt im oberen Drehzahlbereich etwas angestrengter und beim Gaswechsel nervöser. Allerdings: den Diesel-Aufpreis von gut 2000 Euro wird man über die niedrigeren Kraftstoffkosten kaum hereinspielen. Toyota erwartet demnach wohl zu Recht, dass sich vier von fünf Käufern für den günstigeren Benziner entscheiden werden.
Gleitender Komfort
Sowohl für Diesel als auch Benziner gilt: Das Fahrverhalten des Verso-S ist das eines Gleiters. Das Sechsganggetriebe lässt sich butterweich schalten, die Kupplung tritt man ohne Kraftaufwand und das Fahrwerk wurde zugunsten möglichst großen Komforts sehr weich abgestimmt. Geringe Wind- und Abrollgeräusche ergänzen das gelungene Paket, und so fährt man unspektakulär, aber entspannt in der Stadt, übers Land und auf der Autobahn. Die Normverbrauchswerte betragen 5,5 Liter für den Benziner und 4,3 Liter für den Diesel – zeitgemäße Daten, wenn auch keine neuen Rekorde. Auf eine serienmäßige Ausrüstung mit einem Start-Stopp-System verzichtet Toyota jedoch, was für ein Unternehmen im Rang eines Öko-Pioniers doch inkonsequent erscheint. Wer das System haben will, bekommt es beim Benziner gegen Aufpreis. Ebenfalls für den Benziner gibt es um rund 1140 Euro das stufenlose CVT-Automatikgetriebe namens „Multidrive S“.
Die Kofferraum-Tricks
Bei der Flexibilität in Sachen Laderaum sind wir möglicherweise zu verwöhnt. Wer Sitze sucht, die sich nach vorne und seitlich verschieben, schlaue Abdeckungen mag oder witzige Stauideen für Kleinzeugs, der wird enttäuscht sein: Mit all dem kann der Toyota Verso-S nicht dienen. Dafür besitzt er eine besonders elegante Möglichkeit, die Fondsitze umzulegen: per Fernbedienung vom Kofferraum aus. Dann entsteht eine völlig ebene Ladefläche – sofern man die beste Ausstattung „Active“ gewählt hat. Denn nur dort ist der flexible Ladeboden an Bord, der sich mit einem einfachen Handgriff in zwei Höhen verstellen lässt. In der oberen Position gelingt der ebene Laderaum, in der unteren bekommt man mehr Ladevolumen. Gemeinsam mit der noch weiter unten liegende Kuhle des Reserverads ergeben sich 427 Liter – ein stattlicher Wert, nicht nur für diese Klasse. Mit umgeklappten Rücksitzen wächst der Stauraum auf knapp 1,4 Kubikmeter. Also: Revolutionen finden im Bereich des Kofferraums nicht statt, aber die reine Ladeleistung ist solide.
Der schlaue Bildschirm
Zum Premium-Feeling des Fahrerbereichs passend feiert im Verso-S ein neues Sound- und Entertainmentsystem Premiere. „Toyota Touch“ wird schrittweise auch in anderen Modellen übernommen werden und präsentiert sich dem Fahrer als 6,1-Zoll-Touchscreen. Neben dem Soundsystem mit CD-Player integriert es USB- und Aux-Schnittstellen für mobile Geräte (iPod!), eine Bluetooth-Verbindung fürs Handy samt Freisprechfunktion sowie die Rückfahrkamera. Außerdem beherrscht das System Audio Streaming, womit man die Musik vom Handy an das System funken kann.
Beim Verso-S ist das neue „Toyota Touch“ ein Teil des optionalen „Lounge Pakets“. Für rund 1000 Euro erhält man außerdem Fensterheber hinten, die Klimaautomatik, Nebelscheinwerfer und einen Timer für die Heckscheibenheizung.
Navi zum Nachrüsten
„Toyota Touch“ kann aber noch mehr. Ab Mai wird ein Navigationsmodul verfügbar sein, mit dem man das System zu „Touch & Go“ hochrüsten kann. Neben dem manierlichen Preis von rund 600 Euro besticht das Navi mit seiner Konnektivität. Über das eigene Mobiltelefon wird man bekannte Google-Services (Benzinpreise, Hotels etc.) mit dem Navi verknüpfen und auf den Bildschirm holen können. Außerdem verspricht Toyota spezielle Apps und die Möglichkeit, Routenplanungen vom Home-PC über einen eigenen Server ins Auto zu übertragen. Klarerweise wird man das System auf dem gleichen Weg mit laufenden Updates versorgen können.
Resümee: Dienst nach Fortschritt
Dass Toyota die Lücke im Angebot mit einem kleinen Van füllt ist logisch. Bei der Zubereitung orientiert sich Toyota aber an einer vielleicht zu klassischen Rezeptur – die großen Überraschungen und unverwechselbare Designergags, wie man sie beim Yaris Verso fand, sucht man hier vergeblich. Von den Schwimmübungen im Mainstream abgesehen ist der Verso-S jedoch ein solides, vernünftiges und funktionelles kleines Auto. Seinen Schwerpunkt legt er auf den Komfort und die Sicherheit mit serienmäßigen sieben Airbags und VSC; beachtlich ist auch das erwachsene, hochwertige Ambiente – das allerdings auch höhere Preisen als bei den Mitbewerbern nach sich zieht.
Drucken20.02.2011 von Der alte Schwede Peter Schönlaub