Chevrolet Captiva: Schon gefahren
Mit dem Captiva II versucht Chevrolet das Mauerblümchen-Dasein des Vorgängers abzuschütteln. Mit seiner bulligen Front ist der Neue tatsächlich auch kaum mehr zu übersehen. Zum erstarkten Exterieur gibt es ein komplett überarbeiteten Innenraum und vier neue Motoren. Preislich setzt der Captiva weiterhin relativ weit oben an. Die Preise starten bei den Allradmodellen bei 32.490 Euro. Marktstart ist im April.
Bulliger und selbstbewusster tritt der neue Chevrolet Captiva in Erscheinung. Die Preise für die 2WD-Versionen starten bei 24.990 Euro. Geallradelt wird ab 32.490 Euro.
Chevrolet feiert heuer seinen 100. Geburtstag. Viel Feines in der Automobilgeschichte haben wir Chevy zu verdanken. Wir erinnern uns an Legenden wie die Corvette, den 58er Impala, den Bel Air, den Camaro SS und den Blazer. Diverse Krisen, seien sie nun öl- oder finanzbedingt, haben vom alten Glanz nicht mehr viel übrig gelassen. Und auch der Eintritt in den europäischen Markt im Jahr 2005 war nicht sonderlich ruhmreich: Chevrolet übernahm den koreanischen Hersteller Daewoo und verkaufte die mäßig beleumundeten Modelle wie Matiz, Kalos und den Nexia mit dem aufgeklebten so genannten „Bow Tie“-Logo. Mittlerweile hat Chevrolet aber hierzulande das Korea-Image (wobei das dank Kia und Hyndai längst nicht mehr negativ besetzt ist) ganz gut abschütteln können. Hauptverantwortlich dafür sind die Kompaktlimousine Cruze und der Kleinwagen Spark. Der noch heuer bei uns auf den Markt kommende Camaro und die Corvette werden weiters ihren Teil zur Imagekorrektur beitragen.
Bulliger Auftritt
Keinen sonderlichen Anteil daran aber hatte bisher der erste Euro-SUV der Marke, der 2006 eingeführte Captiva. Im extrem prosperierenden SUV-Markt fristete er gemeinsam mit seinem Schwesternmodell Opel Antara ein Schattendasein. Sein Manko: unscheinbares Design, wenig aufregende Innenraumanmutung, technisch nicht auf dem letzten Stand und ein dafür nicht gerade wohlfeiler Preis. Aber, wir wollen nicht lange in offenen Wunden wühlen. All das versucht nun Chevrolet mit dem neuen Captiva nämlich vergessen zu machen. Der Weg dorthin findet vorrangig über ein umfassendes Design-Relaunch statt. Die Front des Captiva wurde ordentlich aufgeblasen. Mit dem zweigeteilten, großen Kühlergrill mit bulliger Frontschürze stellt der Chevy schon was da. Auch die Seitenansicht mit den ausgestellten Kunststoff-Radläufen und -Flanken flößt durchaus Respekt ein. Und auch Heckseitig macht der Captiva mit Unterfahrschutz und Doppelauspuffanlage einen auf tough. Die Gefahr im allgemeinen SUV-Allerlei unterzugehen, ist mit dem erstarkten Auftritt jedenfalls denkbar gering.
Gutes Platzangebot
Nicht unbeleckt vom Facelift blieb auch der Innenraum. Von der lieblos gestylten Cockpit-Architektur des Vorgängers blieb zwar nicht viel über, allerdings sind die Gestalter hie und da in ihrer Euphorie übers Ziel hinausgeschossen. Der Designelemente gibt er gar ein bisschen viele, was ein wenig zu Lasten der Übersichtlichkeit geht. Etwas mehr Homogenität und visuelle Ruhe hätte nicht geschadet. Alles in allem aber ist das Ansinnen von Chevrolet erkennbar, den neuen Captiva eine halbe Klasse über der des Auslaufmodells anzusiedeln. Etwas schmunzeln ließ uns die Grafik der Navigation, die an Kinderzeichnungen erinnert. Böten Fahrer und Beifahrersitz nun noch etwas mehr Seitenhalt, man fühlte sich rundum wohl. Am Platzangebot jedenfalls liegt es nicht, das ist in ausreichendem Maß vorhanden – solange man in der ersten und zweiten Reihe Platz genommen hat. Die im Ladeboden versenkbaren zwei zusätzlichen Sitze sind Erwachsenen nicht wirklich zuzumuten. Also besser umgeklappt lassen und sich an einen gut bemessenen Laderaum von 769 bis maximal 1.577 Liter erfreuen.
Diesel vor Benziner
Vom Platz im Heck geht’s zum Platz im Motorraum, der wahlweise mit vier neuen Aggregaten befüllt werden kann – zwei Benziner und zwei Diesel. Den Leistungsträger 3.0 V6 mit 258 PS wollen wir, weil bei uns absolutes Minderheitenprogramm, außer acht lassen – nicht zuletzt auch aufgrund eines Durchschnittsverbrauchs von knapp 12 Litern. Mit 8,9 Liter auf 100 Kilometer ist da der 2,4-l-Vierzylinder mit 167 PS die angebrachtere Wahl – soll´s ein Benziner sein. Allerdings muss hier auf Allradantrieb und 6-Gang-Automatik verzichtet werden. Der Beschleunigungswert von 10,5 Sekunden ist ein Zugeständnis an das mit rund 1.900 Kilo stattliche Gewicht. Hier ist Drehmoment gefragt, das bereits der Einstiegsdiesel 2,2 VCDI mit 163 PS in ausreichendem Maß bereit hält. Mit 350 Newtonmetern geht’s in 9,9 Sekunden auf 100. Was hier viel stärker wiegt ist allerdings der mit 6,4 Liter in Zeiten der Mineralölsteuererhöhung adäquatere Verbrauch. Nicht viel mehr ist im Lastenheft des ebenfalls 2,2 Liter großen Top-Diesel mit 184 PS verzeichnet. 6,6 Liter genehmigt er sich auf 100 Kilometer, so manuell geschalten wird. Die 6-Gang-Automatik ringt dem Motor einen Liter zusätzlich ab – auch nicht mehr ganz der Weisheit letzter Schluss in Zeiten, in denen andernorts Doppelkupplungsgetriebe die Effizienz erhöhen.
Komfort vor Dynamik
Eher dem Komfort denn der Dynamik zugetan ist das Fahrwerk des Captiva. Ruhig und spurtreu liegt der SUV auf rasch durchmessenen Autobahnen und Schnellstraßen. Ein gutes Reisevehikel der Captiva, wie sich nach dem ersten Fahrtest attestieren lässt. Geht’s hinauf auf Alpenpässe macht sich der nicht ganz von Wankeinflüssen freie Aufbau bemerkbar. In schnell durchfahrenen Kurven schiebt das Teil, was der Allradantrieb allerdings ganz gut in den Griff bekommt.
Preis und Ausstattung
Beim Händler steht der neue Captiva ab April. Die Preise starten bei 24.990 Euro für den frontgetriebenen Einstiegsbenziner und bei 26.990 für den Basisdiesel mit 2WD. Die Allradversionen sind ab 32.490 (2.2 VCDI) zu haben. Auf den ersten Blick kein Schnäppchen. Das relativiert sich allerdings, betrachtet man die Serienausstattung des Captiva. Schon in der Basis LS gibt es Klimaanlage, elektrische Handbremse, 17-Zoll Alufelgen, Bluettooth-Freisprecheinrichtung und Soundsystem mit 6 Lautsprechern und Stabilitätskontrolle. 7 Sitze, Termpomat, Lichtsensor und Einparkhilfe gibt’s ab der zweiten Ausstattungsstufe LT. In den Topversionen LT plus und LTZ gesellen sich noch Lederausstattung, 18- beziehungsweise 19-Zöller und elektrisch verstellbare Sitze samt Heizung dazu.
Drucken01.02.2011 von Christian Zacharnik