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Fiat Doblò 2.0 Multijet: Auf nach Brobdingnag

Kathedralenartiges Raumgefühl, Platz zum Abwinken und dazu noch limousinenartige Fahreigenschaften. Der neue Fiat Doblo ist vom knorrigen Lastenesel zu einen stadtfeinen Multipurpose-Vehikel mutiert. Wir sind den jetzt auch optisch fidelen Cargo-Italiener in der 135-PS-Dieselversion gefahren, fanden viele Stärken, aber auch kleine Schwächen.

zur Fotoshow
Platz zum Abwinken, fidele Optik: Der neue Fiat Doblò mit 135-PS-Top-Diesel im autonet-Intensivtest. 
Große Probleme hatten wir bei der Rückgabe des Fiat Doblò nach der zweiwöchigen Testphase. Dann nämlich mussten wir alles wieder aus dem Auto herausräumen, was wir in den vierzehn Tagen hineingepackt und, weil aus dem Blickfeld verschwunden, schlicht darauf vergessen hatten. Da fanden sich dann längst verloren geglaubte Utensilien wie eine ganze Stofftierarmada und ein Puppenwagen der Tochter, eine Stehlampe, die eigentlich dem Endstadium im Verbraucherzyklus zugeführt hätte werden sollen und sogar eine Bohrmaschine, die ein (nunmehr ehemaliger) Freund kaputt retourniert hatte und die Maxime nie Werkzeug zu verborgen, schmerzhaft in Erinnerung gerufen hat. So schnell geht es, den Hausstand von der Immobilie auf die Mobilie auszuweiten, meistert man den Alltag mit dem Fiat Doblò.

Gullivers Reisen
Die Innenraumabmessungen des lastaffinen Italieners haben fast schon traumatische Auswirkungen. So muss sich Gulliver bei seiner Reise nach Brobdingnag gefühlt haben. So viel Platz – vor allem nach oben hin. Für Menschen meiner äußerst durchschnittlich bemessenen Körpergröße ist es im Sitzen fast unmöglich, den Dachhimmel mit den Fingern zu berühren. Litte ich daran, ich bekäme Platzangst. Das ich mich aber noch, Gott sei es gedankt, frei von psychischen Defekten (zumindest in dieser Hinsicht) wähne, obsiegt die pure Freude über eine derartige Platzmeierei. Über die Scheunentor große Heckklappe und die mannshohen Schiebetüren links und rechts, lässt sich der Doblò nahezu barrierefrei befüllen. Selbst Fahrräder, so es sich nicht gerade um ein Tandem handelt, können quer verladen werden. Für Freunde nackter Zahlen: von 790 bis 3.200 Liter sind´s, die der Doblò in sich aufzunehmen bereit ist. Gedacht wurde aber nicht nur der sperrigen Dinge. Auch Kleinteiliges findet allerorts generöse Aufnahmebereitschaft – etwa in den Overhead-Bins über der ersten Sitzreihe, den ausladenden Fächern in den vorderen Türen oder dem Handschuhfach von der Größe eines Weekenders.

Optische Finessen
Gardemaße wie diese implizieren zweierlei. Erstens: ein der reinen Pragmatik gehorchendes Design und zweitens eine dementsprechende kleinlasterähnliche Fahrcharakteristik. Beides ist beim neuen Fiat Doblò von der Hand zu weisen. Optisch muss dem Doblò sogar so etwas wie gutes Aussehen bescheinigt werden. Die Front mit dem zweigeteilten Kühlergrill, den feschen, groß dimensionierten Scheinwerfern und der sportlichen Spoilerlippe wirkt hochwertig und stattlich. Dazu tragen auch die weit ausgestellten Radkästen und die Wölbung im Bereich der Stoßleisten bei. Die riesenhafte Heckscheibe bietet in der Praxis genau die gut Aussicht nach hinten, die ihr theoretisch zugesteht. Wenn wir schon bei der Heckklappe sind: diese reicht fast über die gesamte Fahrzeughöhe. Gut daran: die Ladekante ist etwa auf Schienbeinhöhe. Schlecht daran: Parkt der Hintermann zu knapp, ist´s Sense mit Öffnen der Heckklappe.

Limo statt Cargo
Keine Spur von Hemdsärmeligkeit auch beim Interieurdesign: Hochwertige, fein anzufassende Materialien allerorts. Das rot-schwarze Farbenspiel vermittelt einen Hauch Sportivität, die Bedienelemente sind benutzerfreundlich sortiert und wirken gut ins Cockpit integriert. Dieser urban-dynamischen Chic ist dem Doblò auch in Bewegung zu attestieren: hat man einmal die leichten Schwierigkeiten beim Einlegen des ersten Ganges überwunden, geht´s locker-flockig und für ein Fahrzeug mit einer Länge von fast 4,4 Metern erstaunlich behände dahin. Ein Segen für den Doblò ist die in der neuesten Generation die blattgefederte Starrachse ersetzende Mehrlenker-Einzelradaufhängung hinten. Damit unterscheidet sich der 1,90-Meter-Hüne im Fahrverhalten kaum von einem Fahrzeug niedrigeren Schwerpunkts.

Empfehlung: Topdiesel
Gefahren sind wir den Doblò in der Topmotorisierung mit zwei Liter großem Commonrail-Diesel mit 135 PS. Damit sind Schwächeanfälle selbst unter Ausreizung der zulässigen Höchstzuladung von 610 Kilo wohl kaum zu erwarten, wie das Drehmoment von 320 Newtonmetern und ein Beschleunigungswert von 11,3 Sekunden suggerieren. Dass das Ganze dann auch mit moderatem Trinkverhalten einher geht ist ein weiteres großes Asset des Fiat Doblò 2.0 Multijet. Runde acht Liter waren es im vornehmlich in der Stadt vorgenommenen Testbetrieb. Das geht auch auf das Konto der verbauten Start-Stopp-Automatik, die allerdings leider etwas durch gelegentliche Dysfunktionalität auffällt.

Fazit
Dem per se nicht gerade mit erotischer Ausstrahlung geschlagenen Segment der zivilen Kleintransporter ringt Fiat mit dem neuen Doblò letztendlich doch ein erstaunliches Maß Sexappeal ab. Zwei Dinge, womit sie sich, einmal im Besitzstand des Italieners, herumschlagen müssen. Erstens: sich häufende, lästige Hilfegesuche ihres sozialen Umfelds bei Transportagenden. Und zweitens: die unbedingte Notwendigkeit einer konsequenten Ladelogistik. Soll heißen: Was rein kommt, muss auch wieder raus (siehe erster Absatz). Zum Preis: der von uns getestete übrigens vorzugsteuerabsatzfähige Fiat Doblò 2.0 Multijet 135 kostet in der Basisversion 22.490 Euro. Mit einigen Extras wie getönte scheiben, Metalliclack, Tempomat und der empfehlenswerten Einparkhilfe stehen 23.799 Euro unterm Strich.

Drucken29.11.2010 von Christian Zacharnik

 

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