Renault Latitude: Schon gefahren
Renault kehrt mit dem Latitude in die gehobene Mittelklasse zurück. Zu einer klassischen, wenig Überraschungen bietenden Limousinen-Optik kommt bereits in der Basisversion ein Konvolut an serienmäßigen Komfortfeatures. Die Preise starten bei 31.300 Euro. Marktstart ist im Jänner. autonet.at hat die ersten Testkilometer abgespult. Die erste Bilanz lesen Sie hier.

Neuzugang im Segment der gehobenen Mittelklasse: Renault Latitude. Sein Asset: ausgesprochen gutes Preis-Leistungsgefüge.
Man kennt das von Gewittern oder bei Wasserfällen: die Luft riecht frisch und sauber. Das liegt vor allem an der so genannten Ionisierung. Das heißt, die Luft wird mit negativ geladenen Ionen angereichert, was zu einer verbesserten Sauerstoffanreicherung des Blutes führt, den Zellstoffwechsel verbessert und nebenbei auch noch Schwebstoffe in der Luft bindet. Diesen Effekt kann man in der neuen gehobenen Mittelklasse von Renault, dem Latitude, auf Knopfdruck abrufen. „Take Care“ nennen die Franzosen diese eingebaute Wellnessfunktion. Bedenkt man, dass ein Überangebot an positiv geladenen Ionen Depressionen fördert, für Gereiztheit und verminderte physische und psychische Belastung sorgt, kann dieses Komfortfeature in Anbetracht der allgemeinen aggressiven und angespannten Stimmung im Verkehrsalltag nur begrüßt werden. Was aber kann der neue Renault Latitude sonst noch, außer, zumindest im Innenraum, für gute Luft sorgen.
Standesgemäß
Auf der Habenseite ist erstmal ein recht stattlicher Auftritt zu verzeichnen. Mit einer Länge von fast 4,90 Metern bewegt sich der in Korea auf der Basis des dort längst etablierten Samsung SM5 gebaute Latitude in Sphären etwa einer Mercedes E-Klasse. Fast unmöglich, diese schiere Größe den Passagieren nicht zugute kommen zu lassen. Vorn wie hinten sitzt es sich äußerst kommod in premiumaffinem Interieur. Die Knie der im Fond Kutschierten werden den Teufel tun, jemals mit den Rückenlehnen der ersten Sitzreihe in Kontakt zu kommen. Das Gestühl selbst ist ausladend dimensioniert. Zu bemängeln ist dabei allerdings der Verzicht auf ergonomische Ausformung und das Fehlen jeglichen Seitenhalts. Das führt, bewegt man den Latitude mit forcierter Verve durch kurviges Geläuf, zu einer etwas verkrampften Sitzhaltung.
Nicht Fisch, nicht Fleisch
Allerdings: Für hanebüchenes Kurvenräubern ist der Renault Latitude ohnehin nicht gemacht. Dieses Auto will mit Grandezza bewegt werden, ganz so, wie es sich für eine Limousine dieses Zuschnitts geziemt. Der klassische Herrenfahrer wird daran seine Freude haben und sich nicht an der indirekt ausgelegten Lenkung stoßen. Etwas indifferent auch das Fahrwerk: Bodenunebenheiten werden nicht in dem Maß gefiltert, wie man es von einer ausgewachsenen Limousine dieses Charakters erwartet. Nicht behaupten kann man hingegen auch, dass der Latitude mit dynamisch-straffem Gebein zugange ist. Nicht Fisch, nicht Fleisch also. Weniger ins Gewicht fällt diese Unentschlossenheit Überland. Auf der Autobahn macht sich der Latitude seinen langen Radstand von rund 2,80 Metern zunutze und zieht auf Reisegeschwindigkeit in ausgeglichener Manier dahin.
Reife Diesel-Leistung
Ausgereift ist das, was der Latitude an der Motoren- und Getriebefront zu bieten hat. In Österreich gibt es den Franzmann mit zwei 2-Liter-Commonrailern mit 150 und 173 und dem Top-Aggregat V6 dCi mit drei Litern Hubraum und 241 PS. Letzterer wird in Österreich wohl eher in Spurenelementen Eingang ins allgemeine Verkehrsgeschehen finden und sei der ob nur am Rande erwähnt. Als erste Wahl hat sich im autonet-Test die goldene Mitte erwiesen, vor allem in Kombination mit der gut abgestimmten, weich schaltenden 6-Gang-Automatik. Hat man sich einmal an die kleine Denkpause gewöhnt, mit der der Latitude auf Gasbefehle reagiert, erfreut man sich an einem doch recht forschen, von satten 360 Newtonmetern Drehmoment unterstützten Antritt. Dergestalt geht´s in knapp unter 10 Sekunden auf 100 Sachen. Das Konsumverhalten wird werksseitig mit vielleicht etwas zu optimistischen 6,5 Litern angegeben. Der 150-PS-Diesel soll sich gar nur mit 5,3 Liter begnügen.
Fazit und Preis
Seinen Platz im Segment wird sich der Latitude wohl hart erkämpfen müssen. Ein sinnloses Unterfangen ist das allerdings nicht. Im Gegensatz zum Vorgänger, dem Vel Satis, kommt der Latitude doch recht wohlgestalt daher. Freilich, kein Kopfverdreher, aber doch immerhin einer gewissen repräsentativen Wirkung nicht entbehrend. Hauptargument für das neue Renault Flaggschiff ist allerdings der Preis: Ab 31.300 Euro (minus 1.500 Euro als Startbonus) gibt es eine fast schon konkurrenzlos gut ausgestattete Limousine. In der Basisversion Business gibt es neben ESP und sechs Airbags eine 2-Zonen-Klimaautomatik, ein intergriertes Carminat TomTom Navigationssystem mit 6-Zoll-Farbdisplay, ein schlüsselloses Zutrittssystem, eine Einparkhilfe hinten so wie Licht- und Regensensor. Die Topversion Initiale verfügt zudem über 18-Zoll-Alus, Rückfahrkamera, Volllederausstattung, den eingangs beschriebenen Ionisator und Bi-Xenon-Scheinwerfer. Die Optionenliste ist dabei denkbar kurz und beinhaltet etwa die Massagefunktion (Zen-Paket) um 1014 und das zweiteilige Glasschiebedach um 911 Euro.
Drucken24.11.2010 von Christian Zacharnik