Mini Countryman: "Mini" oder Mini
Mini und unbedingter Fortpflanzungswille sind nicht länger spinnefeind. Die vierte Baureihe namens Countryman ist ein ausgesprochener Familienfreund. Erfreulich: dem juvenilen Fahrgefühl tut die erlangte Adoleszenz keinen Abbruch. Zu haben ist der in Graz gefertigte Countryman ab September ab 20.990 Euro.
Lang wie ein Golf, hoch wie ein X1, teuer wie ein Mini: autonet.at ist den neuen Countryman testgefahren. Der Einstiegspreis des ultrakompakten SUV von 20.990 ist ein rein theoretischer.
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Mini? Ja, Mini! Steht ja dick und fett auf der Motorhaube. Auch die netten Glubscher, die aufrechte Windschutzscheibe, der mollige Korpus und die vertikalen, ovalen Rückleuchten – ganz und gar Mini, wie es uns BMW seit 2001 lehrt. Was wir in den letzten neun Jahren am Steuer des Mini noch gelernt haben: das formidable unerreichte Go-Kart-Feeling zu schätzen, Gepäck streng zu limitieren und das Wehklagen eingedoster Fondpassagiere geflissentlich zu ignorieren. Bezüglich der beiden letzten Lektionen vermochte uns auch der 2008 eingeführte Clubman nicht nachhaltig umzuschulen. Nun gilt es aber tatsächlich, die einoktroyierten Denkmuster zum Teil neu zu ordnen. Es tritt nämlich ein Mini auf den Plan, der Sack und Pack herzlich willkommen heißt und sogar einem Ausritt in leichtes Gelände nicht ganz abhold ist – der Countryman. Kaum eines Umdenkprozesses bedarf es hingegen erfreulicherweise, was das Fahrgefühl angeht, aber dazu später mehr.
Respekt statt Knuddelfaktor
Bleiben wir vorerst noch beim ersten visuellen Eindruck. Ein wenig stutzt man schon, sieht man sich mit der dimensionalen Progression des vierten Mini konfrontiert. 40 Zentimeter Plus in der Länge, 15 in der Höhe und 10 in der Breite, das muss erst einmal verdaut werden. Schon ein ziemlicher „Waschl“ der Countryman – für einen Mini wohlgemerkt. Beschützerinstinkte werden da nicht mehr geweckt, eher schon so etwas wie Respekt. Zur genaueren Veranschaulichung: Mit 4,11 Metern spielt der Countryman in der Golf-Liga. Was die Höhe betrifft überragt der Mini den BMW X1 um 1,6 Zentimeter. Für bare Münze ist der Markenname dieses Automobils nun also ein für alle mal nicht mehr zu nehmen.
Es werde Platz
Die erste physische Kontaktaufnahme mit dem Countryman findet unweigerlich über den Griff an einer der beiden hinteren Seitentüren statt. Die Erwartungshaltung bezüglich des Raumangebots ist angesichts des ausladenden Exterieurs groß – und wird in vollem Umfang erfüllt. Im Fond harren zwei ausgewachsene Sitzgelegenheiten, die es locker mit jenen in jedem anderen Vertreter der Kompaktklasse aufnehmen können, der Besetzung. Nichts zwickt und zwackt, nicht einmal wenn Vorderschiff ein Hüne platz genommen hat. Optional kann die zweite Reihe mit einer durchgehenden Sitzbank ausstaffiert werden, wodurch dann aber auf das sogenannte Center Rail verzichtet werden muss. Dabei handelt es sich um eine Schiene, an die die diversesten Halterungen, etwa für Handy, i-Pod, Getränke, Brillen, usw. angebracht werden können.
Ein Kofferraum wird erwachsen
Noch stärker als der Drang sich endlich ans Steuer des neuen Countryman zu setzen, ist jener, das Gepäckfach eingehend zu inspizieren. Geöffnet wird die nach oben schwingende Heckklappe über das Mini-Emblem, was einen tadellosen, 350 Liter fassenden Kofferraum zum Vorschein bringt. Noch einmal 100 Liter mehr können generiert werden, wird die um 130 Millimeter verschiebbare Rücksitzbank in der so genannten Cargoposition arretiert. Ist dann noch immer nicht genug Raum für zu Beförderndes, kann die Rücksitzlehne im Verhältnis 60:40 umgelegt und somit bis zu 1170 Liter befüllt werden.
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Mini bleibt Mini
Bang stellen wir an dieser Stelle die Frage: Wie verhält es sich aber bei all diesen, der Praktikabilität Vorschub leistenden Eigenschaften mit dem, wofür der Mini seit jeher geliebt wird: dem unvergleichlichen Go-Kart-Feeling. Aufatmen nach den ersten Testkilometern: der Countryman fühlt sich auf Anhieb Mini-like an. Das liegt vorderhand am bekannt straffen, Freude bringenden Fahrwerk, dem auch die nunmehrige Hochbeinigkeit kein Abbruch tut. Gepaart mit der präzisen Lenkung lassen sich Kurven exakt und mit auf ein Minimum reduzierten Wankbewegungen forsch durchstiefeln. Deutlich stabilisierend wirkt sich dabei auch das Allradsystem ALL4 aus. Kommt Schlupf an die Vorderräder, leitet eine elektrohydraulische Lamellenkupplung bis zu 50 Prozent des Motormoments an die Hinterräder weiter. Zu haben ist diese, die Fahrbahnkonnektivität erhöhende Funktion allerdings ausschließlich in Kombination mit den Top-Motorisierungen Cooper S (184 PS) und Cooper D (112 PS).
Eine Nummer größer
Ab Marktstart am 18. September ist der Mini Countryman mit fünf Motorisierungen verfügbar. Am unteren Leistungsspektrum befindet sich der one mit 98 und der mit einem Schnitt von 4,3 Liter Verbrauchskaiser 90 PSige one D. Die nächste Zündstufe bildet der Cooper mit 122 und der Cooper D mit 112 PS. Den Zenith markiert der Cooper S mit 184 PS. Und genau diesem Aggregat ist hier der Vorzug zu geben. Während die selbst die unteren Chargen den normalen Mini behände voranbringen, beißen sie sich am Countryman dann doch etwas die Zähne aus. Immerhin bringt der beleibtere Kollege doch rund 200 Kilo mehr auf die Waage. Relativ unbeleckt von diesem Mehrgewicht bleibt der Cooper S, was ein Sprint von 0 auf 100 in 7,6 Sekunden mehr als verdeutlicht. Mit Allradantrieb ALL4 steigt der Wert um drei Zehntel. Wer auf Diesel nicht verzichten will, dem bleibt vorerst nur der Cooper D als einzige ernstzunehmende Option. Die Karten stehen allerdings gut, dass sich in absehbarer Zeit ein erstarkter Selbstzünder zum Portfolio gesellt.
Preis und Ausstattung
Auf runde 4 Tausender an Mehrinvestition muss sich gefasst machen, wer den Aufstieg vom Mini zum Countryman erwägt. Für die Allradversionen (Cooper D und Cooper S) müssen dann noch einmal 2.000 Flocken zusätzlich locker gemacht werden. Je nach Ausstattungsvariante „Austrian Salt“, „Austrian Pepper“ und „Austrian Chilli“ kommen zwischen 1.000 und 3.000 Euro dazu. Was bei 20.990 Euro für den grundausgestatteten one beginnt, schraubt sich so in lichte Höhen von 36.274 Euro für den Cooper S ALL4 mit 6-Gang-Automatik und (fast) allem Pipapo. Werden noch Leder, Navi und 18-Zöller geordert, ist die 40.000er-Schallmauer schnell übersprungen. Die Markteinführung startet am 18. September.
Fazit
Ja, der Countryman ist eindeutig ein Mini. Vielleicht nicht nach der Grundphilosophie des Erfinders Sir Alex Issigonis. Mit dem aber, was BMW seit 2001 mit der britischen Legende anstellt ist der Countryman in vollem Umfang kompatibel. Am Konzept des Ultrakompakten-SUV versuchen sich ja viele – siehe Nissan mit den Juke oder Toyota mit dem Urban Cruiser. An die nonchalante Gewitztheit aber, mit der Mini diese Thematik behandelt, kommt – wieder einmal – keiner heran. Und dafür ist man dann auch gerne bereit, den einen oder anderen Euro mehr in die Hand zu nehmen, wie der Kleinwagen von Mini eindrucksvoll beweist. Ein Verkaufsschlager ist der Mini Countryman also vom Fleck weg. Nicht zuletzt auch eingedenk des Umstands, dass der Countryman MADE IN AUSTRIA ist. Der Mini-Hüne wird bei Magna in Graz gefertigt.
Drucken21.07.2010 von Christian Zacharnik